Usbekistan und Kirgistan - Kultur und Wandern in Zentralasien

Warum Usbekistan und Kirgistan?

Mal wieder sind wir auf fragende und irritierte Blicke sowie viel Unverständnis gestoßen, als wir nach unserem nächsten Reiseziel gefragt wurden. Die meisten können mit diesen beiden Ländern in Zentralasien gar nichts verbinden, trotzdem hat jeder eine mehr oder minder negative Vorstellung, sei es Krisenregion, Entwicklungsland, etc.

Wir sind durch den Kurzfilm „The Road from Karakol“ auf diese Region aufmerksam geworden, in dem ein recht durchgeknallter Amerikaner durch Kirgistan geradelt ist. Was ist das für eine tolle Landschaft dort! Monate später haben wir eher spaßeshalber nach einigen Ländern in Zentralasien gegooglet und sind auf einen kleinen Reiseveranstalter gestoßen, der zwar Gruppenreisen anbietet, jedoch recht individuell und einfach, als „Reisen für Fortgeschrittene“. Es wird Wert darauf gelegt, wirklich Land und Leute kennenzulernen. Gruppenreisen sind nicht unbedingt unser Ding, aber in diese Region können wir nicht individuell reisen, da wir überhaupt keine russischen, geschweige denn usbekische oder kirgisische Sprachkenntnisse haben. Und diese Art des Reisens wird bestimmt auch nur einen bestimmten Schlag Menschen ansprechen, die ähnlich ticken wie wir. Also stürzen wir uns in das Abenteuer!

Wo genau befinden sich überhaupt Usbekistan und Kirgistan auf der Landkarte? Beide Länder befinden sich in Zentralasien und grenzen u.a. an Kasachstan und Afghanistan (Usbekistan) bzw. China (Kirgistan). Als ehemalige Teile der Sowjetunion sind sie seit 1991 unabhängig. Bekannt sind die Länder u.a. dadurch, dass hier die historische Seidenstraße durchlief. Klangvolle Namen wie Samarkand (Usbekistan) lassen einen von Kamelkarawanen träumen, die vor hunderten von Jahren ihre kostbaren Güter über weite Wege von China nach Europa transportiert haben.

Beide Länder sind muslimisch geprägt, welcher jedoch in einer sehr gemäßigten Form gelebt wird. So tragen die Frauen keinen Schleier und die Männer frönen dem Alkohol (oftmals mehr als nötig).

Die Landessprachen sind dem Türkischen ähnlich, Russisch wird aber vielerorts verstanden. Mit Englisch kommt man bisher nicht weit. Den „Alten“ wurde früher in der Schule Russisch und oftmals auch Deutsch gelehrt. Heute ist in den Schulen Englisch auf dem Vormarsch, so dass eine englische Unterhaltung mit den Jugendlichen oft möglich ist.

Usbekistan, nach außen hin eine Demokratie, teilt das Schicksal mehrerer alter Sowjetstaaten: eine starke Hand regiert das Land und beutet es aus.

Usbekistan lernten wir hauptsächlich von seiner kulturellen und nicht von seiner landschaftlichen Seite kennen. Wir haben eine Woche lang exzessiv Kultur in uns hineinsaugt und einige wichtige Städte entlang der Seidenstraße kennengelernt.

In Kirgistan hatten wir das komplette Kontrastprogramm. Hier waren wir für zwei Wochen in der Natur. Und wenn wir Natur sagen, dann meinen wir NATUR!!! Wir sind teilweise tagelang keiner Menschenseele begegnet, die Weite der Landschaft ist ebenso faszinierend wie die Vielfalt – manchmal befanden wir uns im Halbstundentakt in einer anderen Welt.
Kirgistan wird auch als die Schweiz Zentralasiens bezeichnet, da es hier viele Berge mit schneebedeckten Gipfeln gibt.

Anders als bei anderen ehemaligen Sowjetstaaten ist es tatsächlich demokratisch geprägt. Es mussten bereits einige Präsidenten seit der Unabhängig gehen (bzw. sie wurden verjagt), weil diese nur sich selbst bereichern wollten.


Usbekistan

Usbekistan hängt noch immer so ein bisschen in der alten Sowjetzeit. Um in das Land einreisen zu können, muss man (neben einem zuvor zu beantragenden Visum) ein Zollpapier in doppelter Ausführung ausfüllen. Darauf aufzuführen sind sämtliche Wertgegenstände, die man besitzt, ganz besonders wie viel Geld man in welcher Währung einführt. Das erste Exemplar bleibt bei der Einreise beim Zoll, das zweite Exemplar muss man bei der Ausreise vorzeigen. Bei der Ausreise muss man aber ein weiteres Exemplar ausfüllen und anzeigen, wie viel man wieder ausführt. Hierbei ist es wichtig, dass man weniger Devisen wieder mit herausnimmt, als man eingeführt hat.

In Usbekistan kann man überall mit US-Dollar, EUR oder auch natürlich der heimischen Währung, dem usbekischen Sum bezahlen. Wobei der Sum eigentlich nicht gerne genommen wird, da er nicht sehr wertstabil ist. Mieten und größere Anschaffungen werden fast nur in Devisen bezahlt, so dass jeder Usbeke scharf darauf ist, Devisen zu erhalten. Und so kann einem fast jeder Usbeke die mitgebrachten EUR in Sum umtauschen, natürlich zum besten Kurs. Zu bedenken ist aber, dass das Umtauschen auf dem Schwarzmarkt verboten ist, dennoch macht es jeder. 1 EUR entspricht zwischen 3.400 und 4.000 Sum. Den Sum gibt es in verschiedenen Scheinen, wobei der 1.000-Sum-Schein der Gängigste ist. Das wiederum führt dazu, dass man Unmengen an Geldscheinen mit sich herumtragen muss, um die gängigsten Sachen einzukaufen. Viele Leute tragen daher ihr Geld massenweise in Tragetaschen mit sich herum. Anstatt das Geld abzuzählen, wird es dann abgewogen, so dass man weiß, wie viel da auf den Tisch gelegt wird. In Usbekistan ist es also nicht schwer, sich einmal wie ein Millionär zu fühlen.


Taschkent

Unsere Reise begann mit dem Flug nach Taschkent, der Hauptstadt von Usbekistan. Diese ist mit ihren mehr als 2 Millionen Einwohnern noch immer russisch geprägt, vor allem durch die sowjetische Architektur der 70er Jahre. 1966 erlebte Taschkent ein verheerendes Erdbeben und musste wieder aufgebaut werden. Daher gibt es nicht mehr viele alte und historische Gebäude zu sehen.

Die Stadt ist sehr sauber, man sieht an vielen Straßen und Ecken fegende Menschen. Hunde sind kaum zu sehen, da diese Tiere in islamischen Ländern als unrein gelten.
Wir erleben das Gewusel auf dem riesigen Basar, der wirklich alles zu bieten hat, was ein Mensch sich vorstellen kann: Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Käse, Kleidung, Haushaltswaren, Elektroartikel, und, und, und …

Auch können wir eine Fahrt mit der Taschkenter U-Bahn unternehmen. Zu Sowjetzeiten wurde jede Stadt mit einer Einwohnzahl größer einer Million mit einer U-Bahn bedacht. Ähnlich wie in Moskau ist auch hier jede Station anders gestaltet und verziert (aber bei weitem nicht so prunkvoll). Eine Station ist den sowjetischen Kosmonauten gewidmet, die nächste usbekischen Schriftstellern. Leider ist das Fotografieren nicht gestattet. Sobald ein Gebäude auch nur annähernd einen militärischen Charakter haben kann, ist das Fotografieren untersagt. Man fragt sich nun, wie eine U-Bahn militärischen Charakter haben kann. Sollen die Soldaten vielleicht mit der U-Bahn an die Front fahren? Und hier die Begründung: die U-Bahn kann in einem Krisenfall als Atombunker genutzt werden. Aha.

2014 Usbekistan - Taschkent

Samarkand

Hier wird die Seidenstraße lebendig. Anders als in Taschkent gibt es viele historische Gebäude.

Da wäre zum einen Ulug Begs Observatorium mit einem riesigen gemauerten Sextanten aus dem 15. Jahrhundert. Dann die Nekropole Shohisinda, eine Ansammlung mehrerer Mausoleen, wobei eine schöner verziert ist als die andere. Und schlussendlich der Registan (aus dem 15. Jahrhundert). Hierbei handelt es sich um einen Platz, der z. B. für Militärparaden genutzt wurde, um Gesetze zu verkünden oder Hinrichtungen durchzuführen. Er wird von drei Medresen geschmückt. Bei einer Medrese handelt es sich um eine Schule, in der ab dem 10. Jahrhundert islamische Wissenschaften gelehrt wurden. Geschmückt durch ein riesiges buntgekacheltes Portal, schreitet man in einen großen Innenhof, der von den Lehrstuben und Unterkünften der Lernenden umsäumt ist.

2014 Usbekistan - Samarkand

Buchara

In Buchara konnte man den Trubel des alten Orients und der Seidenstraße förmlich noch spüren. Durch den historischen Stadtkern mit seinen vielen alten sandfarbenen Gebäuden fühlte man sich wie in einem Freilichtmuseum. Wie bereits in Samarkand, gab es viele Medresen zu bestaunen, u. a. die Medrese Nadir Devon Begi mit ihrem schönen Portal.
Ursprünglich als Karawanserei geplant, ritt der Khan (der Herrscher) kurz vor der Fertigstellung vorbei und lobte die schöne Medrese. Und da Khane sich nie irren, wurde es kurzerhand als Medrese fertiggestellt. Wir bestaunten die Zitadelle Ark und das Minarett Kalon aus dem 11. Jahrhundert.

Während wir vor Ort waren, wurde die ganze Stadt für das anstehende Silk & Spice-Festival bunt geschmückt. Leider konnten wir dieses Festival nicht erleben, wir mussten einen Tag zuvor schon wieder abreisen.

2014 Usbekistan - Buchara

Ferghana-Tal

Um das Ferghana-Tal im Osten des Landes zu erreichen, hatten wir eine Fahrodyssee zu überstehen. Von Buchara aus ging es mit dem Nachtzug zurück nach Taschkent. Dort angekommen, ging es mit Pkws über eine Passstraße ins Ferganatal, Touristenbussen ist die Passüberquerung verboten (warum auch immer).

Das Ferghanatal wird beherrscht durch unzählige Obst- und Gemüseplantagen. Und da es hier viele Maulbeerbäume gibt, ist die Seidenzucht auch allgegenwärtig. Die Raupen benötigen die Maulbeerbäume zum Fressen und für ihre Verpuppung.

Bevor wir Ferghana erreichten, machten wir noch einen Abstecher nach Kokand zum farbenfrohen Palast des Chan Xudayar.

2014 Usbekistan - Ferghana-Tal

Unterkünfte

In Usbekistan waren wir in einfachen, aber guten Hotels oder B&Bs untergebracht. In Taschkent hatte es den Charme eines Plattenbaus aus Sowjetzeiten, in Samarkand überraschte und beglückte uns ein Pool im Garten, so dass eine Stadtbesichtigung spontan eine halbe Stunde verschoben wurde, um sich erst einmal abzukühlen, und in Buchara hatten wir eine gemütliche Unterkunft mitten in der Altstadt und somit im pulsierendem Leben. Im Fergana-Tal hatten wir eher das Gefühl von Cluburlaub – die Beschallung am Pool war vorhanden und penetrant, nur die Animation fehlte…

Außerdem verbrachten wir eine Nacht in einem Zug. In einem kleinen Vierpersonen-Abteil im Schlafwagen durften wir die nächsten 11 Stunden Fahrt „erleben“. Es war extrem warm und eng im Zug. Viele Menschen strömten ins Abteil und der erste Kontakt war direkt geknüpft (es wurde Wodka gegen Sonnenblumenkerne getauscht).

Nach jeder Übernachtung erhält man einen Nachweis über die entsprechende Übernachtung. Diesen Nachweis muss man bei der Ausreise vorzeigen (neben dem Zolldokument), denn es ist ausdrücklich untersagt, nicht in Hotels, sondern z. B. privat zu übernachten. Auch wieder ein Überbleibsel aus der Sowjetzeit.

2014 Usbekistan - Unterkünfte

Essen

Was haben wir im Vorfeld für Horrorgeschichten über das Essen gehört! Eintönig, äußerst fettig, kaum gewürzt, extrem hohes Durchfallrisiko (dieses jedoch nicht durch eine schlechte Qualität der Lebensmittel, sondern durch mangelnde Hygiene bei der Zubereitung und dem verwendeten Geschirr). Wir können nur sagen, wir haben immer gut und lecker gegessen! Zugegeben: unser Reiseleiter hat auch noble Schuppen für die Mahlzeiten ausgesucht, die immer anders und immer lecker waren. Mal auf einer Dachterrasse mit Blick über die Stadt im Sonnenuntergang, mal im Innenhof eines ehemals jüdischen Wohnhauses. Wir wurden immer mit Mehrgangmenüs verwöhnt. Aber wir haben uns auch getraut und immer wieder unterwegs von kleinen Straßenständen probiert: von dem frisch gebackenem Brot, welches überall angeboten wird, die extrem leckeren Schaschlikspieße, aber auch z. B. Samsa, kleine gefüllte Teigtaschen, in Fett gebacken, wo unser Reiseleiter dann doch etwas skeptisch sagte, wir seien sehr mutig, so etwas schon am zweiten Tag zu probieren…

2014 Usbekistan - Essen

Menschen

Die Orte, die wir in Usbekistan besucht haben, sind natürlich sehr touristisch, aber es gab hier überhaupt keine Touristenströme und wir waren oft die einzigen Besucher oder mit nur wenigen anderen Leuten vor Ort. Die Menschen hier sind sehr herzlich und aufgeschlossen, und was wir wirklich noch nirgendwo anders erlebt haben, ist die Neugier und Freude gewesen, mit uns ins Gespräch oder auf ein Foto zu kommen. Die Menschen haben sich teilweise schon fast aufgedrängt und ins Bild geschmissen, sobald irgendwo ein Fotoapparat gezückt wurde. Wir wurden nicht nur mit Begeisterung selber fotografiert (denn es ist schon etwas Besonderes, den Lieben zu Hause zeigen zu können, dass man einen Ausländer aus einem fernen Land gesehen hat), sondern die Leute kamen auch einfach auf uns zu, hakten sich unter und schon wurde man abgelichtet. Wir haben dieses Spiel gerne mitgespielt – teilweise sehr zum Leidwesen unseres Reiseleiters, dessen Gruppe dadurch natürlich nicht mehr allzu aufmerksam seinen Ausführungen lauschte. Wer weiß, auf wie vielen usbekischen und russischen Fotoapparaten wir nun verewigt sind. Besonders amüsant war eine Frau, mit deren Gruppe wir kurz vorher Gruppenfotos gemacht haben. Sie war leider zu diesem Zeitpunkt nicht dabei, war nun untröstlich und bat um eine „Wiederholung“.

2014 Usbekistan - Menschen

Das „stille Örtchen“

Sind die Straßen noch so sauber, werden die Toiletten doch stiefmütterlich behandelt. Toiletten sind hier „Geschmackssache“ und nicht immer ein Genuss für Augen und Nase. „Privat“ sind sie meist auch nicht wirklich. Wenn man Glück hat, gibt es eine Tür oder Trennwände zwischen den Löchern im Boden – oder halt nicht. Man darf sich nicht wundern, an einigen blanken Hintern vorbeizugehen, um an ein freies Erdloch zu gelangen. Und wenn man Glück hat, fällt nicht allzu viel Licht in die Grube und man sieht nicht alles, was sich unter einem befindet. Und man hofft inständig, der Boden möge halten und nicht unter einem zusammenbrechen oder dass einem etwas Wichtiges aus der Hosentasche fällt. Fazit: wo immer es möglich war, haben wir die „technische Pause“ (ein Begriff noch aus der Sowjetzeit) unterwegs hinter einem Busch bevorzugt…

2014 Usbekistan - Toiletten

Handwerk

Auf der Seidenstraße kommt man natürlich nicht an der Seide vorbei. Bei einer Familie konnten wir sehen, wie Seidenraupen gezüchtet werden, leben und sich verpuppen. In einer Fabrik, wo noch alles Handarbeit ist und sich seit Jahrhunderten nichts geändert hat, konnten wir die Weiterverarbeitung, das Färben und Weben sowie Sticken beobachten. Wenn man hört, dass zwei Frauen gemeinsam über ein Jahr an einem Teppich von einer Größe von 1x1,5 m arbeiten, dann bekommt man ein ganz anderes Bild von dieser Arbeit.

Des Weiteren durften wir einen Blick in die Werkstatt eines Puppenmachers in Buchara werfen. Und andernorts die tollen Keramikarbeiten bewundern. Eine schöne große Schale hatte es uns sehr angetan, jedoch hatten wir Sorge über den Transport, denn es standen noch zwei Wochen Rundreise an. Somit haben wir auf dieses Souvenir verzichtet.

Wir haben auch gezeigt bekommen, wie z. B. Mosaike erstellt werden. Eine kleine Kachel von 10x20 cm, wie sie zu Tausenden und Abertausenden in den Medresen hängen, kann aus über 100 Einzelteilen bestehen: alle einzeln aufgezeichnet, ausgemeißelt, poliert, zusammengeklebt und verfugt – Wahnsinn und fünf Tage Arbeit.

Bei einem Schreiner wurden uns Babykrippen gezeigt, die es an jeder Straßenecke zu kaufen gibt. Die Besonderheit hierbei ist, dass die Kinder nachts festgeschnürt und in der Krippe angebunden werden. In der Wiege ist ein Loch, so dass das kleine und große „Geschäft“ entweichen kann. Um den Abfluss zu gewährleisten werden kleine Holzröhrchen bei den Mädchen eingeführt bzw. bei den Jungen übergestülpt.
Seine persönliche Kinderkrippe verwahrt man in Ehren und nutzt diese nicht für den Nachwuchs, sondern kauft bei einem Schreiner eine neue.

2014 Usbekistan - Handwerk

Kirgistan (oder Kirgisistan oder Kirgisien)

Anders als beim Nachbarn Usbekistan im Westen hat man in Kirgistan die Sowjetzeit schnell abgelegt. Zwar ist noch oft der Sowjetstern bzw. Hammer und Sichel an Gebäuden zu sehen, jedoch wird vieles lockerer gehandhabt. Übernachtungsnachweise wie in Usbekistan sind hier unbekannt. Man hat diese Zeit aber nicht vergessen. In vielen Orten gibt es noch Büsten und Statuen von Lenin. Dieser genießt hier noch eine große Popularität, war er es doch, der die Sowjets in den 20er-Jahren daran gehindert hat, die Kirgisen auszulöschen. Moskau fand dieses Volk primitiv und sah keinen Sinn darin, es zu erhalten. Lenin jedoch sah genau das Gegenteil und wollte von den Kirgisen lernen.

Auch Kirgistan hat seine eigene Währung. Ist es in Usbekistan der Sum, so ist es hier der Som. Etwa 70 kirgisische Som entsprechen einem Euro. Anders als in Usbekistan ist die Anzahl der Geldscheine daher viel übersichtlicher gewesen.


Tourismus

Es gibt nicht wirklich viel Tourismus in Kirgistan. Es gibt keine Hotelburgen (bis auf eine Ausnahme am See Issyk-Kul). Und hoffentlich bleibt es auch so. Hier wird auf individuellen Outdoortourismus gesetzt. Ein landesweites Netzwerk mit dem Namen „Community Based Tourism“ (CTB) betreut Reisende individuell und fördert die Einbindung von privaten Gästehäusern und auch den Jurten der Nomaden in die Prinzipien des nachhaltigen Tourismus. Hier sollen Ausländer ganz bewusst mit Einheimischen und dem kirgisischen Alltagsleben in Kontakt gebracht werden.


Bishkek

Die Hauptstadt von Kirgistan liegt in Sichtweite des Kungej-Alatau-Gebirges, welches mit seinen Viertausendern von vielen Stellen in der Stadt gesehen zu sehen ist. Durch die vielen kleinen Parks wirkt Bishkek manchmal eher wie eine grüne Oase als eine Hauptstadt. In der Stadt kann es mitunter sehr heiß werden, so wie bei unserem Besuch im Juni 2014, so dass die vielen Bäume nicht nur den Einwohnern, sondern auch uns kühlen Schatten gespendet haben.

Bedingt durch unseren Reiseverlauf hatten wir in Bishkek nur wenig Zeit, nämlich nur einen halben Tag und eine Nacht. Dies reichte aber für einen Spaziergang durch das Zentrum, so dass wir die meisten Sehenswürdigkeiten abgehen konnten. Und ein Bummel über den riesigen Basar durfte natürlich auch nicht fehlen.

Wie in jeder (ehemals) sowjetischen Stadt gibt es auch hier ein Mahnmal des Großen Vaterländischen Krieges. Dieses befindet sich auf dem Siegesplatz und besticht mit seiner Größe und Symbolik. Eine Frauenfigur, die das ewige Feuer hütet, wird von drei Bögen überspannt. Die Bögen stellen die Stützen einer Jurte dar, zu sehen auch an dem typischen Jurtendach, dem Tündük (sogar noch mit Hammer und Sichel verziert). Stirbt ein Familienmitglied, so wird nach dem kirgisischen Brauch in der Jurte eine Stütze entfernt, als ewiges Gedenken. Da der 2. Weltkrieg nun so viel Leid über das Land und die Menschen gebracht hat und so viele Menschen ihr Leben verloren haben, soll das Überbleibsel von drei statt vierzig Stützen das unsägliche Leid symbolisieren.
Da ja Freud und Leid oftmals nah beieinander liegen, ist dieser Platz in der Bevölkerung gerade für die Brautpaare als Fotomotiv beliebt.

Eine große Lenin-Statue wurde nicht wie in anderen Ländern vom Sockel gestoßen, sondern nur versetzt. So schreitet er weiterhin kraftvoll voran und zeigt vorwärts. Ironie der Geschichte ist nur hierbei, dass er jetzt auf die amerikanische Universität in Bishkek zeigt, die zu allem Hohn auch noch ein Wappen mit Hammer und Sichel über sich trägt.

In direkter Nachbarschaft konnten wir sogar zwei Deutsche „auf Reisen“ sehen. Marx und Engels sitzen einträchtig beieinander.

Nicht nur in den USA gibt es eine Freiheitsstatue, auch in Bishkek. Diese konnten wir auf dem Ala-Too-Platz finden. Daneben befindet sich ein riesiger Fahnenmast mit der kirgisischen Flagge, auf rotem Grund ist das Jurtendach Tündük mit einem Sonnenkranz zu erkennen. Die Flagge wird von zwei Soldaten bewacht, wir hatten sogar noch Glück und konnten dem stündlichen Wachwechsel zuschauen.

2014 Kirgistan - Bishkek

Osh

Osh ist neben Bishkek „die andere Stadt“ Kirgistans. Natürlich sind es nicht die einzigen Städte in Kirgistan, aber die beiden bedeutendsten. Osh liegt im Süden des Landes direkt an der Grenze zu Usbekistan und im kirgisischen Teil des Ferganatals. Die usbekische Lebensweise prägt hier auch noch das Stadtbild.

Wir bestiegen den Felsen Suleiman-Too. Es ist ein heiliger Berg mitten in der Stadt bzw. Osh ist um diesen Berg herumgebaut. Es gibt auf dem Felsen ein kleines Städtisches Museum für Geschichte und Kultur. Eine blankgeriebene Stelle im Felsen ist der sogenannte Fruchtbarkeitsfelsen und man sieht, dass hier schon viele heruntergerutscht sind… Viele Einheimische waren hier unterwegs und wir sahen auch sehr viele Ringer, die hier joggend ihre Runden drehten.

In der Innenstadt war wieder der allgegenwärtige „Jahrmarkt“ mit vielen Karussells und Buden zu sehen, außerdem waren auch hier wieder Brautpaare unterwegs und feierten und tanzten öffentlich.

In Osh ist einer der größten und lebhaftesten offenen Märkte Kirgistans zu finden, leider war uns ein Besuch dessen nicht möglich.

2014 Kirgistan - Osh

Karakol

Auf dem Weg vom Issyk-Kul nach Bishkek machten wir einen kleinen Abstecher nach Karakol (der Name bedeutet „Schwarze Hand“ wegen des fruchtbaren Bodens). Unsere Damen freut’s – SHOPPING war wieder angesagt! Der Ort ist sehr russisch geprägt.

Wir sahen uns eine schöne russisch-orthodoxe Kirche an, welche komplett aus Holz gebaut und sehr farbenprächtig ist. Wir durften sie auch von innen besichtigen – die Frauen allerdings nur komplett verschleiert. Von innen durften wir nicht fotografieren. Sie ist recht prächtig ausgestattet, an jeder Wand und in jeder Nische gibt es Bilder oder Ikonen, die angebetet werden können. Auffällig ist, dass es keine Sitzbänke gibt – hier wird im Stehen gebetet. Auch eine Orgel ist nicht vorhanden.

Wir besichtigten auch eine dunganische (oder chinesische) Moschee, die von außen an einen buddhistischen Tempel erinnert. In die Moschee durften wir allerdings nicht hinein.

2014 Kirgistan - Karakol

Natur & Landschaft

Um es mit einem Wort zu beschreiben: grandios! Soviel Weite, soviel Einsamkeit, so viele Berge, so große Seen haben wir noch nie erlebt. Wir fuhren auf 1.000 m Höhe durch liebliche Hügel und sahen im Hintergrund die schneebedeckten 4.000er des Tien Shan-Gebirges.

Wir fuhren oder wanderten stundenlang durch Steppen, die an die Mongolei erinnerten. Es gab bewaldete Berge, durch deren Tal sich wilde Flüsse zogen und an den Schwarzwald erinnerten.

Wir schwommen in einem Salzsee, der eine ähnlich hohe Salzkonzentration wie das Tote Meer in Israel hat und ließen uns an der Wasseroberfläche treiben. Wir überquerten mehrere Pässe, so dass uns die Luft knapp wurde. Wir froren bei fast null Grad, um zwei Tage später wieder bei 35 Grad zu schwitzen. Wir wanderten im Schnee und leider schlechter Sicht zu einem Gletscher, der sich Jahr für Jahr weiter zurückbildet. Und wir verbrachten zwei Nächte an der Südseite des Issyk-Kul, dem zweitgrößten Binnensee der Welt, 182 km lang, 60 km breit und bis zu 700 m tief, in totaler Einsamkeit. Nach einer stundenlangen Autofahrt um den See herum, bei der wir das Gefühl hatten, nicht an einem See, sondern am Meer entlangzufahren, landeten wir an der Nordseite, dem Ballermann Kirgistans, zugepflastert mit Hotels, Restaurants etc. Noch war Vorsaison und nicht viel los, aber im Sommer sollen die Leute aus Russland und Kasachstan hier wie die Ölsardinen am Strand liegen – für uns kaum vorstellbar.

2014 Kirgistan - Natur

Wanderung im Naturschutzgebiet Sary-Tschelek

Wir wanderten oder ritten drei Tage lang durch absolute Einsamkeit des Naturschutzgebiets Sary-Tschelek. Wir wurden hierbei von insgesamt vier Einheimischen begleitet. Drei Leute kümmerten sich um das ganze Gepäck und die vier Packpferde, den Auf- und Abbau von Koch- und Gemeinschaftszelt und um unser leibliches Wohl. Der vierte war tagsüber unser Guide und half morgens und abends den anderen dreien mit. Wir selber trugen nur einen Tagesrucksack mit etwas Proviant und einer Regenjacke, der Rest unseres Gepäcks, welches wir für diese drei Tage brauchten, trugen die Packpferde.

Die einzigen Menschen, die uns begegneten, waren Hirten mit ihren Pferde-, Schaf- oder Rinderherden. Wir wanderten auch mitten in den Herden und wurden teils neugierig, teils skeptisch von den Tieren beäugt. Oder die Herden rasten nachts durch unser Zeltlager und uns war angst und bange bei dem Gedanken, dass ein Tier ins Zelt rennt und mitreißt. Auch hier war wieder das Motto: mittendrin statt nur dabei!

Als Nachtlager dienten uns Zweimannzelte, welche  an den Ufern der kristallklaren Bergseen Kara-Kamysh und Iri-Kill aufgeschlagen wurden. So blickten wir schon morgens beim Zähneputzen auf ein Panorama, welches Seinesgleichen sucht. Die Seen waren auch unser Badezimmer, jedoch bedurfte es schon einiges an Überwindung, sich in und mit diesem kalten Wasser zu waschen.

Nach den Tagesetappen von bis zu 18 km und fast 1.300 m Gesamtanstieg hatten wir ordentlich Hunger. Dann konnten wir immer wieder nur staunen, welche (kulinarischen) Schätze unsere Begleiter für unser leibliches Wohl hervorgezaubert hatten, in dem Bewusstsein, dass sämtliche Lebensmittel und Kochutensilien ausschließlich von unseren Packpferden transportiert wurden. Die Picknickdecke war ausgelegt, der Tee gekocht und der Salat vorbereitet. Als Krönung gab es in einer Mittagspause sogar noch frisch gefangenen Fisch!

Diese drei Tage waren ein Highlight unserer Reise. Auf unsere Frage hin, wie oft die Männer diese Wanderung durchführen, hieß die Antwort lediglich: „Drei- bis viermal im Jahr!“ Kaum zu glauben und jammerschade!

2014 Kirgistan - Sary-Tschelek

Wanderung zum Son-Kul-See

Auf einer weiteren Mehrtageswanderung starteten wir auf einer Höhe von 2.100 m, um den Gebirgssee Son-Kul zu erreichen. Wieder hatten wir einige Packpferde und Begleiter dabei, diesmal haben wir jedoch nicht in Zelten, sondern in Jurten übernachtet.

Die Landschaft unterschied sich hier sehr von der ersten Mehrtageswanderung im Sary-Tschelek. Hier war die Landschaft wesentlich karger und weniger abwechslungsreich. Auch haben wir hier mitbekommen, wie schnell das Wetter umschlagen kann. Von einer Sekunde auf die andere kam ein heftiger Sandsturm auf, der einige Minuten andauerte und dann genauso plötzlich wieder vorbei war, wie er gekommen war. Gottseidank hat es nicht geregnet, denn es war weit und breit keine einzige Unterstellmöglichkeit vorhanden. Abgesehen von ein paar Jurten und Viehhirten hier und da war auch hier wieder keine Zivilisation zu entdecken.

Nach unserer ersten Nacht in einer Jurte wurde es anstrengend, wir hatten einen Pass mit über 3.400 m Höhe zu überwinden. Die dünne Höhenluft erschwerte uns das Atmen und die Sonne brannte erbarmungslos auf uns nieder. Aber endlich oben angekommen, empfing uns erneut ein Panorama, welches uns mal wieder den Atem verschlug. Hinter uns ein Tal und vor uns nur noch Steppe, soweit das Auge reichte.  Aber so weit wie wir gucken konnten, soweit mussten wir auch noch wandern, um unser Ziel, den See Son-Kul zu erreichen…

Während einer kurzen Rast in einem weiteren Jurtencamp schlug leider das Wetter um und es fing an zu regnen. Somit wurden wir die letzten zwei Stunden unseres Weges vom Regen vorangetrieben und wir erreichten durchnässt und durchgefroren unser Jurtencamp. Hier konnten wir erst einmal in trockene Sachen schlüpfen und uns mit heißem Tee vor dem Ofen wieder aufwärmen. Hier hatten wir auch einen Ruhetag, so dass wir die Einsamkeit genießen und die Seele baumeln lassen konnten. Auch wenn die Sonne schien, so war der Wind auf 3.000 m Höhe doch mitunter eisig. Der Ruhetag wurde genutzt, um noch einen kurzen Ritt zu Pferd zu erleben. Ein Erlebnis wurde es wirklich, denn kaum saß Mike auf dem Pferd, ist dieses auch schon durchgegangen! Nach einem Höllenritt mit und durch eine anwesende Pferdeherde hat sich Mikes Pferd erbarmt, die Geschwindigkeit reduziert und ist schließlich stehen geblieben. Mike hatte dann genug vom Reiten und der Rest der Truppe auch. Auf diesen Schreck gab es dann auch erst einmal einen Wodka!

Der Son-Kul-See kann in den Sommermonaten bis zu 18°C warm werden. Dieses Jahr ist jedoch erst vor einigen Wochen das Eis geschmolzen, so dass die Wassertemperatur einstellig war. Das Jahresmittel liegt auch gerade einmal bei 11°C. Eine „Dusche“  im See kam daher selbst für die Hartgesottenen unter uns nicht in Frage.

2014 Kirgistan - Son-Kul-See

Unterkünfte

Jede Unterkunft war anders, jede Unterkunft war auf ihre Art und Weise besonders. Auf einer unserer Mehrtagswanderungen haben wir in Zweimannzelten übernachtet und hatten ein Koch-/Esszelt dabei. Fünf Nächte haben wir in Jurten verbracht, die traditionellen Unterkünfte der Nomaden, da sie schnell auf- und abzubauen sind und mit einer dicken Schicht aus Filz, Bast und Teppichen auch den rauen Bedingungen im Bergland standhalten. Aber auch bei den Jurten gab es immer wieder Unterschiede: einmal war unsere Jurte „all in one“, tagsüber stand der Tisch in der Mitte und wir saßen drumherum. Erst nach dem Abendessen wurde der Tisch herausgetragen und die Schlafmatten verteilt. Da konnte es zu neunt in der Jurte auch mal „eng und gemütlich“ werden. Nach drei Nächten in einer Gemeinschaftsjurte kamen wir uns in einem Jurtencamp, wo wir zu zweit eine eigene Jurte bewohnten, schon vor wie in einem Luxushotel. Das Schlafen auf dem Boden war hart und gewöhnungsbedürftig. Aber auch wenn wir Betten hatten, war es meist nicht weicher, da auch dort oft statt Matratzen die typischen bunten Matten, die Kurpachas, auslagen.

Unsere Gästehäuser waren auch alle verschieden. Meist ein separater Bereich im Haus, wo wir auf mal mehr, mal weniger Zimmer verteilt waren. Wir als das einzige „Ehepaar“ (die anderen fünf waren Alleinreisende) bekamen oft das „Separee“ bzw. das letzte der Durchgangszimmer. Für uns Gäste wurde teilweise durch Türen oder Vorhänge etwas Privatsphäre geschaffen, die Kirgisen kennen das nicht: es wird zusammen gegessen, geschlafen, gelebt. Teilweise mussten wir durch ihre Schlafzimmer hindurch, um zur Toilette zu gelangen, denn die befand sich meist im Hof. Mal gab es eine richtige Dusche, mal eine Eimerdusche oder Banja (russisches Dampfbad und Badehaus), mal auch nichts bzw. den kalten Bergsee.

Womit wir alle mal mehr, mal weniger Schwierigkeiten hatten, war das Sitzen auf dem Boden. Meist saßen wir auf Kurpachas an einem Tisch mit ca. 25 cm hohen Tischbeinen. Irgendwann wusste keiner von uns mehr, wohin mit seinen Beinen. Aber in welche Verzückung wir alle fallen konnten, wenn wir nach tagelangem Sitzen auf dem Boden und Toilettengängen auf dem Plumpsklo mal wieder ein Tisch mit Stühlen, Messer zum Essen und eine Toilettenschüssel hatten, war immer wieder schön! :-)

214 Kirgistan - Unterkünfte

Essen

Wie schon in Usbekistan, wurden wir auch in Kirgistan äußerst angenehm überrascht: das Essen war fantastisch! Und was wurden wir gemästet! Nach einer Woche waren unsere Mägen durch das viele und regelmäßige Essen so geweitet, dass wir, obwohl wir vollgefressen waren, nach zwei Stunden schon wieder Hunger hatten. Wir hatten alle Angst, zu Hause auf die Waage zu gehen (es war aber alles im grünen Bereich). Die Kirgisen sind äußerst gastfreundlich, sie würden ihr letztes Hemd für ihre Gäste geben. Somit wurde sehr oft aufgetischt, als wären wir doppelt so viele. Jedoch kann man ihnen leider nicht begreiflich machen, dass man nicht so viel möchte. Somit tat es uns immer furchtbar leid, wenn z. B. die Schalen mit dem Milchreis oder Hirsebrei beim Frühstück halbvoll wieder zurückgingen, weil es einfach zu viel war.

Einfach lecker war immer Plov, ein Reisgericht und „Markenzeichen“ der zentralasiatischen Küche. Aber auch die Suppen, Manty, Laghman und vieles mehr waren immer sehr gut. Vor allem die selbstgemachten Marmeladen waren der Renner. Ganze Früchte mit extrem viel Zucker, die nicht nur auf’s Brot, sondern auch in den Tee kommen. Aber es gibt auch viele sehr gewöhnungsbedürftige Sachen, die nicht unbedingt unser Fall waren: ganz oben auf dieser Liste steht z. B. Kumyz, gegorene Stutenmilch, die extrem rauchig schmeckt, oder auch Kurt, kleine salzige Hartkäsebällchen, die die Usbeken und Kirgisen wie Kekse futtern, aber die wir pur nicht herunterbekommen, sondern sie uns höchstens über Nudeln reiben würden.

Ein mal mehr, mal minder großes Problem hatten die meisten unserer Mitreisenden: fast alle anderen waren Vegetarier. Schwer in einem Fleischesserland, wenn die Menschen nicht verstehen, dass Wurst auch Fleisch ist und nicht in den Salat gehört oder es für sie nicht akzeptabel ist, das Fleisch einfach hinterher wieder aus der Fleischbrühe herauszuholen, wo auch Reis und Gemüse für die Vegetarier drin gekocht wurden.

Zu jedem Gericht wurde Tee serviert. Dazu wurde meist der Tee in einem kleinen Kännchen aufgesetzt, so dass fast ein Sirup entstand. Daraus goss die Hausdame (welche meist im Hintergrund sitzt) dann ein wenig in die Teeschale und heißes Wasser aus einer großen Kanne wurde aufgefüllt. Wir wunderten uns zu Beginn, warum die Teeschalen immer nur halb gefüllt wurden. Das hatte aber einen einfachen und eigentlich auch sehr schönen Hintergrund: die Kirgisen schenken gerne nach und sehen es als Zeichen der Gastfreundschaft. Und somit hatte man immer heißen Tee und er kühlte nicht so schnell aus. Bekam man jedoch auf einmal eine volle Tasse ausgeschenkt, so war das ein dezenter Hinweis, dass die Teerunde nun beendet ist (quasi eine letzte Runde).

Für uns ungewöhnlich war oftmals das Fehlen von Messern. Aus der Sowjetzeit stammt noch die Überzeugung, dass Messer nur die bessere Gesellschaft gehabt hatte, was damit also verpöhnt war. Und dies ist auch noch heute so. Aber mit Löffel und Gabel kommt man auch gut zurecht.

Auch gehört es sich nicht, in ein Taschentuch zu schnäuzen. Dazu zieht sich der Kirgise zurück, um niemanden zu stören. Lautes Schmatzen und Rülpsen am Tisch sind dagegen willkommen. :-)

Bereits wie in Usbekistan gab es auch hier in jedem noch seinen kleinen Ort einen Basar, auf dem man die Dinge des täglichen Bedarfs kaufen konnte. Neben Lebensmitteln wie Obst, Früchte und Brot gab es auch oftmals heimischen Honig zu kaufen. Dieser wurde ebenfalls (neben der Marmelade) in jeder Unterkunft zum Essen angeboten. Jede Region fertigt ihren eigenen typischen Honig. Wir haben uns auch durch diverse Sorten probiert und schließlich ein paar Gläser mit nach Hause genommen.

2014 Kirgistan - Essen

Menschen

Die Kirgisen sind einfach ein überaus herzliches Volk. Wie unser Fahrer einmal gesagt hat: „Soweit wie der Blick zu den Bergen, so groß ist das Herz der Kirgisen.“

Sie sehen sich immer noch als Hirtenvolk und das wird auch vielerorts sichtbar. Irgendwo sieht man immer eine Herde Kühe, Schafe oder Pferde mit ihrem Hirten zu Pferd. Das Pferd ist in vielen Regionen auch immer noch das Fortbewegungsmittel Nummer Eins des Kirgisen. Man sagt, dass ein Kind noch vor dem Laufen das Reiten lernt. Und so selbstsicher sitzen die Kirgisen dann auch auf ihren Pferden, ob mit oder ohne Sattel (es sind keine Sättel, wie wir sie kennen, sondern gefaltete Kurchapas – eine weitere Nutzungsmöglichkeit neben der als Stuhl und Bett). Wenn wir uns dann etwas unbeholfen ebenfalls auf ein Pferd setzten, schlug uns nur amüsiertes Unverständnis entgegen, warum nicht auch wir so selbstverständlich auf dem Pferderücken saßen.

Sprachlich konnten wir uns kaum mit ihnen verständigen (es sei denn, unsere Reisebegleiterin hat für uns übersetzt), aber auch mit Gesten kam sehr viel über. Sie waren immer bemüht, es uns angenehm zu machen, sie haben mit uns gelacht, gegessen und getrunken und uns viele Sachen gezeigt. Kinder waren begeistert, wenn man sie fotografiert oder mit ihnen gespielt hat. Bei unseren Unterkünften in Kyzyl-Oi und Bel-Tam hat die ganze Familie spontan eine Folklore-Vorführung für uns arrangiert mit Musik, Gesang und Tanz. Und wir waren natürlich auch gefordert und haben mitgetanzt und Lieder aus unserer Heimat zum Besten gegeben.

Ein besonderes Hobby sind auch die Trinksprüche. Getrunken wird gerne, hauptsächlich Wodka, und vor jedem Glas wird ein Toast ausgesprochen. Auf Kirgistan, die Gastfreundschaft, die Liebe, Gesundheit und was einem noch so einfällt, man konnte seiner Fantasie freien Lauf lassen. In Kyzyl-Oi hat der Mitarbeiter des CTB gerne und häufig Wodka ausgeschenkt. Wenn einer nicht mehr wollte, so hieß es von ihm immer nur "tschütschüt" (russisch für "ein bisschen") und das Glas wurde trotzdem halbvoll eingeschenkt. Somit wurde "tschütschüt" für uns alle das Schlagwort für alles und auch er hatte seinen Spitznamen weg - sehr zu seiner Freude!

2014 Kirgistan - Menschen

Das „stille“ Örtchen

Usbekistan war zum Eingewöhnen, willkommen in Kirgistan! Wir hatten alles: gute Toiletten, ordentliche Plumpsklos, aber auch Verschläge, wo man alle Sinne ausschalten musste. Es hat einige Tage gedauert, unseren Fahrer davon zu überzeugen, dass er uns keinen Gefallen damit tut, bei einer Tankstelle oder einem Basar anzuhalten, damit wir dort die Toilette nutzen können. Wenn möglich, haben wir während der Fahrten immer die Natur bevorzugt. Aber auch das war teilweise ein Problem. Denn wo ist man „privat“, wenn es keine Vegetation gibt. Aber wie schon gesagt: wir wurden immer kirgisischer und wenn irgendwo ein Oberkörper hinter einem kleinen Felsen oder eine Bodenwelle hinwegschaute, schauten wir halt in die andere Richtung oder gingen zwei Meter weiter.

2014 Kirgistan - Toiletten

Souvenirs

Ein spezielles Thema. Sowohl in Usbekistan als auch in Kirgistan gab es allerhand zu kaufen: Schals, Decken, Keramik, Figürchen, Wandbilder, Taschen und vieles mehr. Aber in Kirgistan brach ein wahrer Hype unserer „Shoppingqueens“ aus. Das Schlagwort lautete: FILZPANTOFFELN. Zugegeben, die Schlappen waren echt super und wir haben uns auch jeder ein Paar gekauft. Aber den Kaufwahn, den wir hier erlebt haben, hat alle vorstellbaren Dimensionen gesprengt (entschuldigt bitte, liebe Mitreisenden, wenn ihr das hier lest :-)). Jeder Laden wurde gestürmt und leergekauft. Da es überall immer nur ein paar Schlappen in unterschiedlichen Größen gab, war Schnellsein überlebenswichtig. Unser Fahrer stellte auch halb irritiert, halb belustigt nach ein paar Tagen fest, dass nach unserer Rückkehr bestimmt jeder Deutsche kirgisische Filzpantoffeln haben wird. Wir glauben, manche sind mit doppelt so viel Gepäck wieder abgereist, wie sie angekommen sind.

Aber dass sich das Übergepäck in Grenzen hielt, dafür hat ein nächtlicher „Überfall“ gesorgt. Waren es Hunde, Bären oder Werwölfe? Auf jeden Fall wurde ein Großteil der Gruppe in der vorletzten Nacht um kiloweise Schokolade, Bonbons und Karamell erleichtert – es war spurlos verschwunden, nur aufgerissene Tüten wurden am „Tatort“ gefunden und andere Sachen lagen verstreut herum. Wie gut, dass es der oder die Täter nicht auf die Filzpantoffeln abgesehen hatten …

2014 Kirgistan - Souvenirs

Tierwelt

Allzu viele verschiedene Tiere haben wir nicht gesehen. Okay – wir haben ungefähr 225 Eselfotos mit ins Gepäck genommen … In den Bergen gibt es fast nur Tierzucht und kaum Landwirtschaft, also sind hier überall Pferde, Esel, Schafe, Rinder und vereinzelt Ziegen zu sehen. Wir haben sogar ein paar Yakherden gesehen – sie strahlen eine unglaubliche Ruhe aus. Es gibt einige Vogel- und Schmetterlingarten, und einmal haben wir sogar ein Murmeltier und eine Kamelherde sehen können. Die Marco-Polo-Schafe sind uns jedoch nicht begegnet.

2014 Kirgistan - Tierwelt

Fazit

Und so endet unsere Reise durch diese beiden Länder Zentralasiens. Was ein Kurzfilm doch für eine Auswirkung haben kann! Wir haben zwei Länder bereist, von denen wir zuvor weder wussten, wo diese genau geographisch liegen, noch wie es dort ausschaut. Aber bereits beim ersten näheren Befassen mit diesem Fleckchen Erde wurden wir in dessen Bann gezogen. Die Erwartungen waren entsprechend hoch an Land, Leute und Kultur. Und das Unglaubliche ist, dass die Wirklichkeit unsere Vorstellungen noch bei weitem übertroffen hat! Die Landschaften sind atemberaubend! Ob Wüste, Steppe, Berge, Schnee, Seen – wir haben so gut wie jede Landschaftsform sehen und erleben dürfen. Es war einfach wunderbar, an klaren Gebirgsseen zu campieren, aus der Jurte heraus den Pferdeherden zuzusehen und auf den Basaren uns unbekannte Speisen zu essen. Die Menschen waren so freundlich und interessiert an uns (und wir an ihnen). Wir wurden immer freundlich empfangen und fühlten uns oft wie Könige, so wurden wir umsorgt.

Es ist (zumindest für uns) immer wieder erlebenswert, aus der eigenen Komfortzone herauszukommen und zu sehen, wie andere Kulturen leben. Da störte es auch nicht, wenn mal keine Dusche vorhanden gewesen ist, die Toilettenschüssel gefehlt hat oder es mal etwas gemächlicher zuging.

Auch hatten wir Glück mit unserer Reisegruppe. Neben uns beiden hatten wir noch fünf weitere Gefährten, was die Gruppe sehr übersichtlich gemacht hat. Alles außergewöhnliche, liebe und oftmals unkomplizierte Menschen.

Usbekistan und Kirgistan – zwei Länder, zum Glück noch weit entfernt vom Massentourismus, die sich hoffentlich noch lange ihre Ursprünglichkeit erhalten können. Eine Reise sind sie definitiv wert!

Dshakschy kalynyz!

2014 Kirgistan - Fazit